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NFDI

Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ist eine derzeit im Aufbau befindliche, digitale, verteilte Infrastruktur, die der Wissenschaft in Deutschland Dienste und Beratungsangebote rund um das Management von Forschungsdaten anbieten wird.

Hintergrund

Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ist eine Initiative, die vom Rat für Informationsinfrastrukturen (RfII) lanciert, von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) initiiert und von Bund und Ländern finanziert wird.[1] Mit ihr soll dem deutschen Wissenschaftssystem ein „bundesweites, verteiltes und wachsendes Netzwerk“[2] von Diensten und Beratungsangeboten für das Forschungsdatenmanagement zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung wurde im November 2018 geschlossen.[1] Der vereinbarte Förderumfang beläuft sich auf bis zu 90 Millionen Euro pro Jahr im Zeitraum 2019–2028.

Die Motivation der Initiative umfasst mehrere Aspekte. Erstens die Beobachtung, dass die allgegenwärtige Digitalisierung der Gesellschaft auch den Bereich der Wissenschaft in seiner ganzen Breite erfasst hat, bereits tiefgreifend verändert und dies in Zukunft verstärkt tun wird.[2] Zweitens die Überzeugung, dass die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotential der deutschen Forschung und Entwicklung unmittelbar mit der Leistungsfähigkeit und Effizienz der Nutzung von digitalen Forschungsdaten zusammenhängen[3] und dass diese Effizienz derzeit u. a. aufgrund kleinteiliger Strukturen, projektförmiger Initiativen, befristeter Finanzierungsmodelle und mangelnder Standardisierung nicht gegeben ist.[2][4] Und drittens die Beobachtung, dass auch auf europäische Ebene entsprechende Initiativen gestartet worden sind (insbesondere die European Open Science Cloud), an die die deutsche Forschungslandschaft anschlussfähig sein sollte und zu denen Deutschland mit der NFDI einen Beitrag leisten kann.[1]

Die entscheidenden Impulse für die Initiative zur NFDI und für ihre Ausgestaltung sind von mehreren Papieren des Rats für Informationsinfrastrukturen (RfII) ausgegangen, die zwischen 2016 und 2018 erschienen sind. Die Ausgangslage wird ausführlich in dem Bericht Leistung aus Vielfalt vom Mai 2016 analysiert.[2] Ein erster Impuls zur Etablierung einer NFDI war das Papier Schritt für Schritt – oder: Was bringt wer mit? vom April 2017, in dem einige mögliche Ziele einer NFDI und die Voraussetzungen auf Seiten der wissenschaftlichen Communities einerseits, der Infrastruktur-Partner andererseits, beschrieben wurden.[3] Das Papier Zusammenarbeit als Chance vom März 2018 skizziert insbesondere eine Reihe von Merkmalen einer NFDI unter anderem bezüglich der folgenden Punkte: Ausgestaltung, Art der Nutzereinbindung, Formierung von Konsortien, Aufbau und Governance sowie Qualitätsmanagement, internationale Anbindung und Ressourcenbedarf.[5] Schließlich ist im Dezember 2018 das Papier In der Breite und forschungsnah: Handlungsfähige Konsortien als vorerst letzter Diskussionsimpuls des RfII erschienen. Dieses Papier legt den Fokus auf die Ausgestaltung der einzelnen Konsortien und beschreibt, wie die Nutzer der NFDI eingebunden werden und wie die einzelnen Konsortien (beispielsweise thematisch oder methodisch) zugeschnitten sein können. Das Papier betont außerdem die Bedeutung der Förderung einer „Datenkultur“ und entsprechender Kompetenzen in der Breite der Wissenschaft. Schließlich beschreibt es Wege zum Aufbau eines geschichteten Dienste-Portfolios mit gemeinsamen generischen sowie darauf aufbauenden, domänenspezifischen Diensten.[6]
Ziele

Ziel der NFDI ist es laut RfII, „ein verlässliches und nachhaltiges Dienste-Portfolio zu schaffen, welches generische und fachspezifische Bedarfe des Forschungsdatenmanagements in Deutschland abdeckt.“[3] Dieses Dienste-Portfolio soll aus dem Zusammenwirken vieler Akteure entstehen, sodass sich ein „polyzentrisches Netzwerk“ bildet.[5] Die DFG beschreibt die Zielsetzung der NFDI folgendermaßen: „Die nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) soll die Datenbestände von Wissenschaft und Forschung systematisch erschließen, nachhaltig sichern und zugänglich machen sowie (inter-)national vernetzen.“[7] In einer Pressemeldung formuliert die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) im November 2018: „Die NFDI soll Standards im Datenmanagement setzen und als digitaler, regional verteilter und vernetzter Wissensspeicher Forschungsdaten nachhaltig sichern und nutzbar machen.“[4]
Struktur

Die Bund-Länder-Vereinbarung sieht vor, dass die NFDI als Ganzes eine Struktur erhält, in der insbesondere eine Konsortialversammlung, ein Wissenschaftlicher Senat und ein Direktorat vorgesehen sind.[1] Die Konsortialversammlung ist für die „inhaltlich-technischen Grundsätze“ der NFDI zuständig und wird aus je einem Sprecher bzw. eine Sprecherin jedes Konsortiums bestehen. Der Wissenschaftliche Senat ist das „inhaltlich-strategische Gremium“ der NFDI und wird sich aus je vier Vertretern der Konsortialversammlung, der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz sowie der Direktorin bzw. dem Direktor der NFDI zusammensetzen. Letztere/r soll den Vorsitz des Wissenschaftlichen Senats übernehmen. Das Direktorat schließlich besteht aus der Direktorin bzw. dem Direktor mit einer Geschäftsstelle.[1]

Die NFDI wird aus einer Anzahl von sogenannten Konsortien bestehen, die dadurch gebildet werden, dass sich fachwissenschaftliche Communities und Infrastruktur-Partner um einen bestimmten, thematisch, methodisch, durch die Gegenstände oder nach Fachgruppen definierten Teilbereich des Wissenschaftssystem formieren. Jedes Konsortium wird dann für diesen Teilbereich ein Dienste-Portfolio für das Forschungsdatenmanagment entwickeln und anbieten.[3] Für den RfII ist dabei die „wissenschaftsgetriebene Ausgestaltung der NFDI“ von zentraler Bedeutung.[5] Die DFG beschreibt die Konsortien folgendermaßen:

Konsortien sind auf langfristige Zusammenarbeit angelegte Zusammenschlüsse von Nutzenden und Anbietern von Forschungsdaten und umfassen Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Ressortforschungseinrichtungen, Akademien und andere öffentlich geförderte Informationsinfrastruktureinrichtungen. Sie sind in der Regel nach Fachgruppen beziehungsweise Methoden organisiert und haben zum Ziel, den Zugang zu und die Nutzung der für sie relevanten Forschungsdaten zu gewährleisten und nachhaltig zu gestalten.[8]

Die Bildung der NFDI

In drei sukzessiven Ausschreibungsrunden sollen Konsortienanträge eingereicht und insgesamt bis zu 30 Konsortien gefördert werden. Diese bilden dann gemeinsam die Nationale Forschungsdateninfrastruktur.[1] Die Begutachtung der Konsortienanträge wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) koordiniert, wobei die letztendlichen Förderentscheidung bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) liegt.[9] Für den Auswahlprozess hat die DFG ein Expertengremium eingesetzt, das zur Aufgabe hat, „die Bewertung der Anträge auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen, informationstechnischen und strukturbezogenen Begutachtung sowie die Formulierung der Förderempfehlungen an die GWK“[10] vorzunehmen. Die Ausschreibung des Förderprogramms wurde am 6. Juni 2019 veröffentlicht.
Resonanz

Die Diskussionspapiere des Rats für Informationsinfrastrukturen haben in der Wissenschaft in Deutschland viel Aufmerksamkeit erhalten. Dies manifestiert sich unter anderem in den Stellungnahmen und Positionspapieren verschiedener Akteure:

wissenschaftliche Verbünde, darunter Initiativen aus der Biologie[11], der Chemie[12], den Ingenieurwissenschaften[13] oder der Lebenswissenschaften[14];
wissenschaftliche Fachverbände, darunter die Gesellschaft für Musikwissenschaft[15], der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands[16] (VHD) oder der Verband Digital Humanities im deutschsprachigen Raum[17];
Wissenschaftsorganisationen, darunter die Allianz der Wissenschaftsorganisationen[18] oder die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften[19].

Auch erste Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und wissenschaftsnahen Publikationen zum Thema NFDI sind bereits erschienen, unter anderem aus der Perspektive der Sozialwissenschaften[20] oder der Bibliothekswissenschaften[21] sowie in der Zeitschrift Forschung und Lehre.[22]

Schließlich sind auch Berichte in der Tagespresse zu nennen, unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung[23] und in der taz[24].
Literatur

Rat für Informationsinfrastrukturen: Leistung aus Vielfalt. Empfehlungen zu Strukturen, Prozessen und Finanzierung des Forschungsdatenmanagements in Deutschland. Göttingen: RfII, 2016. http://www.rfii.de/download/rfii-empfehlungen-2016/
Rat für Informationsinfrastrukturen: Schritt für Schritt — oder: Was bringt wer mit? RfII, Göttingen April 2017. http://www.rfii.de/download/rfii-diskussionspapier-2017/
Rat für Informationsinfrastrukturen: Zusammenarbeit als Chance. Zweiter Diskussionsimpuls zur Ausgestaltung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) für die Wissenschaft in Deutschland. RfII, Göttingen März 2018. http://www.rfii.de/download/rfii-diskussionspapier-maerz-2018/
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz: Bekanntmachung der Bund-Länder-Vereinbarung zu Aufbau und Förderung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Bundesanzeiger, 28. November 2018. https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Papers/NFDI.pdf
Rat für Informationsinfrastrukturen: In der Breite und Forschungsnah: Handlungsfähige Konsortien. Dritter Diskussionsimpuls zur Ausgestaltung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) für die Wissenschaft in Deutschland. RfII, Göttingen Dezember 2018. http://www.rfii.de/download/rfii-diskussionspapier-dezember-2018/

Weblinks

Rat für Informationsinfrastrukturen, http://www.rfii.de/de/start/
GWK, „Informationsinfrastrukturen / NFDI“, https://www.gwk-bonn.de/themen/weitere-arbeitsgebiete/informationsinfrastrukturen-nfdi/
DFG, http://www.dfg.de/foerderung/programme/nfdi/
„Positionspapiere und Pressemitteilungen“ auf den Seiten der Initiative Forschungsinfrastrukturen für die Geisteswissenschaften, http://forschungsinfrastrukturen.de/doku.php/positionspapiere

vgl. auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Forschungsdateninfrastruktur